


Liebe Freunde, insbesondere Sebastian. Bitte einmal dieses Gemälde ansehen. Ein Werk ohne erkennbaren Autor. Es wurde gerade restauriert, die Leinwand war doubliert, mit Wachs geklebt. Es muss mehrfach vom Rahmen genommen worden sein, unter anderem zu einer früheren Restaurierung, da es Spuren einer solchen gab. Die vielen alten Nagellöcher im Rahmen zeigen wohl auf, dass es mindestens dreimal abgenommen und wieder gerahmt wurde. Die Herkunft ist nur bis ca. zu den Fünfziger oder Sechziger Jahren zurückzuverfolgen, wo das Bild in München im Kunsthandel landete. Es gab erstaunlich geringe Spuren von Etiketten, Aufklebern. Nur zwei sehr kleine, mit einer Nummer. Es ist ein Mysterium. Die Restauratorin vermutet wenigstens achtzehntes Jahrhundert, aber vielleicht älter. Da sie keine Kunsthistorikerin ist, war das eher Vermutung aufgrund bisheriger Restaurierungserfahrungen. Ich sehe in dem Motiv zwei Jünglinge, der vordere einen Griffel oder Pinsel haltend, der hintere ist vielleicht sein Lehrer. Oder ein Geliebter? Ich sehe hier keine Frau(en). Und Ihr?

Vielleicht sind es ja auch zwei Frauen mit etwas maskulinen Gesichtszügen?
Sebastian Rogler
hm… /die Größe wäre noch hilfreich, die Fotos zeigen das Werk gerahmt liegend auf einem Tisch, ich vermute, die Oval-Höhe beträgt ca. 50/60cm? Daß das Gemälde aus einem ggf. weitaus größeren Bild herausgeschnitten wurde, scheint nicht in Frage zu kommen, sonst hätte die Restauratorin das be- und angemerkt. So etwas kann man an den erwähnten Spann-Nägel-Löchern meist nachvollziehen. Auch etwaige Nähte in der Leinwand können auf so etwas hindeuten (nicht ganz unüblich, dieses Herausschneiden von Binnen-Szenen größerformatiger Bildwerke, zwecks besserer Zweit-Vermarktung. Ich hatte gerade so einen Fall, herausgetrennte Assistenzfiguren, ein barockes Putto mit einem fliegenden Vögelchen an der Leine spielend, ca. 100x80cm heute, früher wohl deutlich monumentaler, ggf. 300x400cm, ggf. große Marienszene, ggf. ehem. Altarblatt lt. Gutachter eines Auktionshauses). Was ich sehe – und ich bin ja auch kein Kunsthistoriker oder Barock- oder Kunsthandelsspezialist – deutet mir subjektiv schon recht eindeutig auf ein „spezielles“ sinnliches Kabinettstück hin. Mindestens in der Zweitverwertung. Heimlich, oval gerahmt etc., zum ggf. übers Bett hängen. Zu eindeutig scheint mir die Szene, die Blicke, die Berührungen (!), die sinnliche Beleuchtung und die Gesamtsituation zu sein, als dass man da noch an „Zufall“ oder „Lehrer und Schüler“ oder dergl. denken kann. Nein, ich glaube, dass ist ein kleines schönes Liebesstück, welches über die verm. 300 Jahre seit seiner Entstehung (spätes 17./frühes 18.Jh. würde auch ich schätzen) stets eher – leider – diskret weitergereicht wurde/werden musste. Interessant wäre noch die Provinienzeinschätzung der Restauratorin. Und wo zuletzt das Bild restauratorisch bearbeitet wurde und über den Auktionstisch ging. Und zuletzt, wenn ich mir die spiegelnden Fotos mit nur geschätztem Größenempfinden meinerseits nochmals anschaue: Könnte es nicht doch sein, daß das vorliegende Stück aus etwas weit Größerem herausgeschnitten wurde? Und es sich um eine „harmlose“ Hintergrundszene, ein „diskret verpacktes Bekenntnis“, handeln könnte? /Tja, man weiß es nicht… 😉
Gaga Nielsen
Die Größe (des Lichtmaßes) entspricht ca. 70 x 100 cm. Ein ganz neuer Ansatz… dass es ausgeschnitten sein könnte…! Die Restauratorin merkte an, dass die mit Papier verklebten Kanten der Leinwand auf besondere Sorgfalt schließen ließen, sie geht von einem Oval als Ursprungsformat aus, glaube ich. Ich habe das Bild von hinten gesehen, auf Fotos vor der Restaurierung. Ein sehr fein gearbeiteter ovaler Keilrahmen. Meine Recherchen haben ergeben, dass diese Art des Schmuck-Rahmens, falls er immer zugehörig war, davon geht sie aus (sie hat ihn allerdings farblich überarbeitet), im späten Siebzehnten Jahrhundert häufiger zu finde war, diese aufwändigen, floralen Schnitzereien. Sie hat eine Einschätzung, mit der sie aus meiner Sicht komplett auf dem falschen Dampfer ist, weil die von ihr vermutete eventuelle Urheberin vom Sujet her nicht im Ansatz mit einer solchen Sinnlichkeit unterwegs war. Und typisch für Frankreich ist der Rahmen eher auch nicht, eher italienisch. Aber ich habe auch nur ein herbeigegoogeltes Halbwissen… Die Restauratorin kam auf Vermutungen Richtung Élisabeth Vigée-Lebrun und meinte evt. ein Selbstportrait – und sieht da gar zwei Frauen. Da sagt meine Intuition: never ever! Bei Vigée-Lebrun war immer alles züchtig bedeckt. Ich denke auch, es ist älter, eher 17. Jahrhundert. Der Hintergrund der Figuren ist flächig dunkel gehalten, die Balken sind die Spiegelung des Raums, in dem das Bild lag. Die Restauratorin hat zur Sicherheit eine schützende Scheibe in den Rahmen eingefügt. Es war sehr lädiert, die Oberfläche der Malerei hatte bereits durchgängige Hohlräume zum Gewebe der Leinwand.