
Aber mindestens genauso interessant wie der immense Apparat ist der Druckstock, der darinnenliegt! Es ist nämlich ein Holzschnitt von seinem Bestseller – neben dem Hasen und den betenden Händen – dem Rhinocerus! Es ist eines meiner Lieblingsbilder von Dürer, neben der jungen Venezianerin und dem Rasenstück. Ich bin ganz verliebt in das Thier! Es hat natürlich eine eigene Wikipediaseite und hunderttausend Milliarden Suchergebnisse, wo die Geschichte erzählt wird, dass Albrecht Dürer das Tier nie persönlich gesehen hat, sondern nur aufgrund von Skizzen Anderer und Beschreibungen nachempfunden hat. Dafür: erstaunlich! Angeblich gab es in der frühen Römerzeit mal ein paar Nashörner in Europa, aber dann erst wieder 1515 dieses Exemplar. Wie es nach Europa kam, steht in Wikipedia wie folgt:
„Am 20. Mai 1515 landete ein Nashorn im Hafen von Lissabon; es war der bis dahin ungewöhnlichste Import der erst seit wenigen Jahren bestehenden Seeroute nach Indien. Die Portugiesen waren erfolgreich gewesen, wo Columbus versagt hatte; auf den Spuren früherer portugiesischer Seefahrer waren sie der westafrikanischen Küste gefolgt, hatten das Kap der Guten Hoffnung umrundet und waren nach Durchquerung des Arabischen Meeres 1498 nach Indien gelangt.“
Und nun, wie die Topnews zu Albrecht nach Nürnberg gelangte:
„Der aus Mähren stammende und in Lissabon ansässige Valentim Fernandes sah das Nashorn kurz nach dessen Ankunft in der portugiesischen Hauptstadt und beschrieb es im Juni 1515 in einem Brief an einen Freund in Nürnberg. (…) Ein zweiter Brief eines unbekannten Absenders mit einer Skizze wurde etwa um die gleiche Zeit von Lissabon nach Nürnberg gesandt und diente als Information über das Aussehen des wilden Tieres, vermerkt am oberen Bildrand des Holzschnittes von Dürer.“
Albrecht sodann: „Auf der Basis dieser beiden Quellen machte Dürer zwei Zeichnungen. Nach der zweiten Zeichnung entstand der Druckstock des Holzschnitts. Dürer hat ihn wahrscheinlich nicht selbst angefertigt, sondern einen „Formschneider“ damit beauftragt, den Druckstock nach der Zeichnung zu erstellen. Verwendet wurde vermutlich Birnenholz – ausreichend weich, um die feinteilige Wiedergabe zu ermöglichen, aber hart genug, um eine für den geschäftlichen Erfolg hinreichende Anzahl von Abzügen zu gewährleisten.“

Dafür hatte er dann schon seine Gesellen. Früher hat er noch alles selber geschnitzt und geritzt, aber warum nicht das rein Handwerkliche delegieren, bleibt mehr Zeit für den creativen Act, nicht wahr. Der Druckstock in der Presse ist natürlich auch nicht der von 1515, der wurde zahllose Male erneuert, wo der alte wurmstichige verblieben ist, weiß man nicht, vielleicht im Feuer. Feuerholz! Aber die 27,4 x 42 cm große Zeichnung, die ihm zugrundelag, wird in London im British Museum verwahrt. Darunter hat Albrecht in klitzekleiner Schrift das Folgende zur Reise des Tieres vermerkt, beim Ankunftsjahr hat er sich vertan:

„Rhinoceron 1515. Nach Christus gepurt. 1513. Jar. Adi. j. May. Hat man dem großmechtigen Kunig von Portugall Emanuell gen Lysabona pracht auß India ein sollich lebendig Thier. Das nennen sie Rhinocerus. Das ist hye mit aller seiner gestalt Abcondertfet. Es hat ein farb wie ein gespreckelte Schildtkrot. Vnd ist von dicken Schalen vberlegt fast fest. Vnd ist in der groeß als der Helfandt Aber nydertrechtiger von paynen vnd fast werhafftig. Es hat ein scharff starck Horn vorn auff der nasen. Das begyndt es albeg zu wetzen wo es bey staynen ist. Das dosig Thier ist des Helffantz todt feyndt. Der Helffandt furcht es fast vbel dann wo es Jn ankumbt so laufft Jm das Thier mit dem kopff zwischen dye fordern payn vnd reyst den Helffandt vnden am pauch auff vnd er wuorgt Jn des mag er sich nit erwern. Dann das Thier ist also gewapent das Jm der Helffandt nichts kan thuon. Sie sagen auch das der Rhynocerus Schmell Fraydig vnd Listig sey.“

Helffandt ist Elefant, ist klar. Und so sahen dann die gedruckten Exemplare vom Holzschnitt aus, ordentlich mit Albrechts Firmenlogo, dem berühmten AD, wie es sich gehört. Hat er auf der Zeichnung glatt vergessen. Das Rhino schaut in die andere Richtung, weil der Holzschnitzer ja schlecht seitenverkehrt arbeiten konnte, wenn er die Zeichnung als Vorlage hatte, außer, er hätte einen Spiegel zur Hilfe genommen. In der Werkstatt von Albrecht stauben die Geräte und der Druckstock aber nicht vor sich hin, sie werden wie früher benutzt. Es gibt Workshops unter Anleitung einer fachkundigen Künstlerin, die zeigt, wie ein Holzstich und ein Kupferstich angefertigt wird und auch den anschließenden Druck.
Chapeau! Chapeau! Chapeau! Dürer wäre sooo stolz auf Sie!!!
Danke! Danke! Danke!