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Ohne eingewickelten Hals. Und nachts ohne Schal und langärmligem Hemd unter drei Decken. Schon alleine wegen solcher Verkleidung wollte ich niemanden sehen. Endlich wieder nackt. Mir ist, als wäre ich auch als Kind am liebsten alleine gewesen, wenn ich krank war. Hauptsache, die Bücher vom Petzi-Bär neben und auf dem Bett. Aber vielleicht erinnere ich mich auch nicht richtig.
Aus den Petzi-Büchern sind Sätze, Bilder und Filme im Computer geworden. Für Bücher keine Konzentration. Bei langen, anstrengenden Texten, die in Bücher gehören, vier, fünf Absätze nach unten gescrollt, nach dem siebten, die Entscheidung für eine andere Seite, ungelesen. Schon hart. Oder mit zwei bis sieben Links gespickte Texte ohne nennenswerten persönlichen Eigenanteil, schnell quergelesen, nach der einzig persönlichen Aussage in einem Absatz gescannt. Eigentlich ein Kompliment, Ehre dem Individuum.
Obwohl ich selbst scheue, allzu viel von dem, was mich privat bewegt, preiszugeben, suche ich nach solchen Inhalten bei anderen. Kein literarisch ambitioniert ausgeschmücktes Gefasel. Bloß keine elegischen narrativen Erschließungen. Aber Brüche, Schmerzen, Widersprüche.
Für mich ist es schon viel, wenn ich die Tendenz durchblicken lasse. Wer mehr weiß, kann mit den mitunter seltsamen oder banal scheinenden Andeutungen umgehen. Dann wird es hin und wieder sogar sehr direkt, beinah intim. Oh là là. Aber wie soll man es sonst anstellen. Man muß das Filigrane behüten. Das Grobe übersteht den Wind und den Lärm.

Eine Antwort auf „17. märz 2008

  1. Es ist eher das Schutzbedürfnis, das man hat (vielleicht hat), wenn man plötzlich vor einem sehr schönen, sehr großen und unzerstörten Spinnennetz steht. Womöglich noch mit Morgentau. Die eigene Behutsamkeit, der Schutz vor der eigenen Grobheit, nicht der anderen. Am Ende ist die Preisfrage, ob die Preisgabe im Einverständnis geschieht. Das wäre mir immer wichtiger als die Überlegung, inwiefern mein Privatleben andere beschäftigt. Manchmal denke ich nur, dass ich sehr Vieles offen lasse und dadurch Interpretationsspielraum gebe, der mir einerseits gefällt aber andererseits auch in verquere Richtungen geht. Zum Glück muß ich kein allzu schlechtes Gewissen von Geheimniskrämerei haben, weil ich gar nicht im Besitz aller auf den Tisch zu legenden Karten bin. Wäre ja auch langweilig. Meine Liebe zur Unwägbarkeit ist eine große. Eine sehr große. In aller Unwägbarkeit halte ich sogar eine Wandlung für möglich. Eine gewisse Zeigefreudigkeit kann man mir ja nicht absprechen. Wahrscheinlich geschieht es dann eher mit Bildern als mit Worten.

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