l’air
l’eau
le feu
la terre

letzter stand (f. lisa)
31. mai 2005

gerade eben aus dem badezimmerfenster, 20:08 uhr, blickrichtung norden, die wolkendecke bricht auf. die wände sind nicht so düster, wie sie auf dem bild wirken, das haus in dem ich wohne, ist in einem sehr hellen gelb gestrichen, auch der innenhof und die terrassen- wände. das späte nordlicht schlägt graue schatten. mir gefällt auch diese schattige seite. <a href="http://gagasign.twoday.net/stories/581380„“>in der mittagssonne, wenn der himmel tiefblau ist, wird das zarte gelb beinahe weiß. dann denke ich manchmal an griechenland. und dass ich wieder unter so einen himmel müsste, die einfachen weiß verputzten häuser. das schöne klischee, das gut tut. lange her. nie wurde ich herzerwärmender in ruhe gelassen, als in griechenland. wunderbar unbehelligt, wenn ich es wollte.
30. mai 2005
komisches wetter. gestern noch die schattige seite auf dem balkon gesucht, lauer wind, ein bißchen geheult, als der alte mann beim in den blauen himmel schauen, the first time ever i saw… singt. beim schönsten personal jesus je, wieder gefangen. es gibt sehr wenige platten, die ich am stück so oft gehört habe und nicht überhöre.
unerbittliche gedanken wie: schämen sich eigentlich nicht alle ambi- tionierten singenden menschen, die es noch nicht geschafft haben, ihre allüren und maniriertheiten abzulegen, in grund und boden, wenn sie das hören und schlafen noch einmal zehn bis zwanzig jahre darüber, ob sie das wirklich tun sollten, was sie da tun. wenn ich etwas wie die pest hasse, ist es affektierter, effektheischender gesang. es kommt darauf an, mit demselben gefühl zu singen, mit dem man spricht. alles andere ist riesengroße scheiße.
noten muß man übrigens nicht kennen. seinen körper zu kennen, hilft. aber mehr als an allem anderen, ist am gefühl zu arbeiten. sich selbst nicht verarschen. die eigenen lügen entlarven. und dann erst, ganz am ende, töne absondern. nie so tun ‚als ob‘. und wie immer: demut. das wird nicht das letzte mal sein, dass ich diesen begriff schreibe. und ich bin keine christin.
demut.
28. mai 2005

ich habe bücher gekauft in der kohlenstoffwelt. das kaufen dauert ein ganz kleines bißchen länger als im computer, aber man kann ganz viele bücher richtig anschauen und anfassen. so richtig, mit den händen. umblättern und mitnehmen. oder einfach wieder zuklappen und zurücklegen. das hat mir gut gefallen. ich war lange nicht mehr in einem buchgeschäft.
wenn man in das netz im computer geht, kann man sich mit menschen unterhalten. die schreiben was und man schreibt auch was. manch- mal sind es sogar richtige fragen und antworten. das ist sehr interes- sant. aber man kann die menschen nicht anschauen und anfassen. manchmal ist es vielleicht ganz gut, weil wenn man die menschen sehen könnte, so wie in der richtigen welt auf der straße, hätte man vielleicht auf einmal keine lust mehr, sich zu unterhalten, weil man ein bißchen mehr sieht, als nur wörter. manchmal ist es aber auch blöd.
28. mai 2005
achtung. reklohme
anziehsachen, wo mir gut gefallen. ich blöde kuh habe vergessen, mir das heat-t-shirt zu kaufen. das will ich unbedingt haben, so lange ich noch jung bin (hüstel)

26. mai 2005
ich gebe zu, ich schäme mich ein wenig. nein, man tut so etwas nicht. man fotografiert keine wildfremden ringelstrumpfträgerinnen hinter- rücks, ohne zu fragen. das ist nicht fein. ich habe leider auch keine bessere ausrede, als dass ich reflexartig, ja von sinnen, die kamera gezückt habe, als mich beim überqueren der ampel zur rosenthaler plötzlich diese schlendernden beinchen überholten und ich nur noch dachte: “ r i n g e l s t r u m p f k i d f o t o ! „
wunder über wunder: die strümpfe liefen in dieselbe richtung wie ich. ich mußte noch nicht einmal meine ursprüngliche route ändern und konnte ausgiebig knipsen. man merkt es wahrscheinlich: ich bin ein klein wenig hin- und hergerissen, zwischen scham und stolz. sei’s drum. (und ich fürchte fast, ich kann nicht versprechen, dass ich es nicht wieder tue).


p.s.: die fotos sind für einen guten zweck.
25. mai 2005
plötzlich blendet mich ein mondstrahl im süden, nach mitternacht. keine metapher. kupfermond zwischen turm und dom. nicht silber, nicht gold. kupfer. cassandra singt .


22. mai 2005

der himmel im osten, zwischen nacht und tag. vier uhr, vorgestern. es ist der blick über die dächer durch eines der beiden fenster zur joachimstraße, das zimmer, in dem ich das hier schreibe. die beiden anderen fenster und ein in das dach geschnittener balkon im süden gehen zur auguststraße. so wohne ich, genau genommen, in zwei straßen. es ist ein eckhaus. dann gibt es noch einen kleinen grünen balkon im nordwesten zum innenhof. ich wollte dem himmel nah sein.
ich fand die wohnung vor sechs jahren an einem regentag. und als ich sie betrat, war mir, als ob es heller wurde, als ob die sonne schiene. ich war ganz aufgeregt, als ich den kleinen quadratischen südbalkon im dach, mit dem blick auf die türkisblaue kuppel des berliner doms und die großen bäume sah, uneinsehbar. nachdem ich anfängliche jahre in berlin in ersten eigenen schattigen schöneberger hinterhof- wohnungen verbracht hatte, später sonniger in wilmersdorf, doch mit blick auf allzu nahe gegenüberliegende häuserwände, war das wie ein geschenk.
eine junge frau besichtigte gleichzeitig mit mir die kleine wohnung und stellte der maklerin viele vernünftige fragen wie, ob es einen fahrradkeller gäbe. nein? wie? gar keinen keller? betriebskosten? ich taumel- te mit kleinen sonnen in den augen durch das nest mit den schiefen wänden und hoffte, dass die maklerin merken würde, dass die woh- nung doch eigentlich zu mir gehört. es schien mir vollkommen un- wichtig, ob keller oder nicht.
die forsche mitinteressentin betonte beim abschied mit scharfem ton und seitenblick in meine richtung, dass sie definitiv an der wohnung interessiert sei. ich sagte gar nichts weiter, und gab der maklerin nur mit etwas bangem lächeln und einem kindisch aufgeregt gestammelten „die wohnung ist ja schön“ meine karte. sie erwähnte, dass es noch einen weiteren besichtigungstermin mit zwei interessenten am nächsten tag geben würde und lächelte warm. den keller habe ich noch nie vermisst.
20. mai 2005
da liegt es nun. und weil man ja auch nicht immer alle sozialen strukturen verweigern kann. und überhaupt. und sowieso. und mir ist sogar etwas eingefallen.
bislang ist mir noch überall, wo der fragebogen abgearbeitet wurde, ein wenig schwer gefallen, die antworten aufmerksam bis zum ende zu lesen. da tauchen nicht selten derart erlesene werke auf, die mir beschämend wenig assoziation und erhellung bescheren. ich arbeite weder bei der frankfurter buchmesse, noch lese ich literaturfachzeit- schriften. auch ‚aspekte‘ habe ich seit jahren nicht mehr gesehen. ich kenne ja noch nicht mal die top ten aus der spiegelhitparade. ich gebe es ehrlich zu: ich bin leider ziemlich ignorant, was neuerscheinungen im literarischen betrieb angeht. (ich fürchte, ich bin überhaupt ignorant, was irgendwelche neuerscheinungen angeht…) o.k. pippi langstrumpf und ingeborg bachmann, ellen von unwerth und man ray – die sagen sogar mir etwas.
vielleicht kann ich ja hiermit einen volkstümlichen beitrag leisten. vor zwanzig jahren hätte ich gewiss titel als antworten geliefert, die vor sophistication nur so gestrotzt hätten. damals las ich mehr, begieriger als heute. ich erinnere mich beim besten willen nicht mehr vollständig, was ich schon alles gelesen habe. da ich als kind ein ausgesprochen bewegungsscheuer stubenhocker war, war lesen meine lieblings- beschäftigung. von sechs bis zehn diverse märchen- und mädchen- bücher, pippi natürlich. ab elf ging es dann an die erwachsenenregale in der leihbücherei. zwischen elf und vierzehn habe ich leicht kon- sumierbare schinken von simmel über marie louise fischer bis zu dem grauenhaften (im gegensatz zu herrn simmel, der noch eine vertretbare moral hatte) konsalik gelesen. und fanny hill. und playboy. das elter- liche readers digest und pearl s. buck aber auch eichendorffs tauge- nichts. historische romane dagegen mochte ich noch nie. so wenig wie kostümfilme. ich nehme an, der mangelnden wahrscheinlichkeit an authentizität wegen.
und dann wurde es langsam immer schwerer verdaulich. ich versuchte allen ernstes mit fünfzehn, den ungelenken satzbau von herrn kant zu durchschauen, von echter neugier getrieben. ein martyrium. las viel simone de beauvoir und ein bißchen quälerischen sartre. reise- beschreibungen auch (‚zen oder die kunst ein motorrad zu warten‘ war damals sehr populär), bildbände über aztekische kulturen, die ikonen der pop art, castaneda, viele autobiographien, jack kerouac (ich erinnere die faszination von ‚tristessa‘, on the road auf englisch war auf dauer allerdings anstrengend), william kotzwinckle, thoreau, whitman. ulysses als bildungsbürgerlich abgesegnete zumutung (heute noch). versuchte es immer wieder mit beckett, gelangweilt, wollte es nicht zugeben. plötzlich lasen alle den herrn der ringe. mich nervte der unerotische kaffeekränzchen-kult um irgendwelche schlumpfgeschich- ten und ich verweigerte mich. ebenso totalverweigerung bei ‚per anhalter durch die galaxis‘ und ‚die nebel von avalon‘ (nach dem hype des letzteren zog ich mir jahre später den lore-roman für esoteriker doch noch rein – kitsch verkauft sich eben immer). jede menge wallraff, ein paar feministinnen, gerne nancy friday, klassiker wie ‚die scham ist vorbei‘. wieder und wieder henry miller, und hesse natürlich, franziska von reventlow und vieles mehr. das alles so von 15 bis 20. danach habe ich meine lektüre nicht mehr namentlich präsent, kaum aufzeichnungen darüber. ich habe immer selbst viel geschrieben. und ich erinnere eine leidenschaftliche spurensuche nach dylan thomas, die mich bis nach wales zu seiner hütte trieb.
man könnte jetzt die bücherregale nach gekauftem und gebliebenem sondieren, da fallen mir doris lessing und gabriele wohmann auf. erich kästner. tucholsky. mascha kaleko. rupert sheldrake. meyrinck. mircea eliade. viele mythologische abhandlungen, religiöses. psychologi- sches. ethnologisches. ästhetisches. metaphysisches. pathologi- sches. astrologische lehrbücher. todesforschung immer ein thema, und immer wieder biographisches. hier steht ein buch über die liebe zwischen lasker-schüler und benn. oder die biographie von miles davis. jimi hendrix. nico. uschi obermaier. eva-maria hagen. andy warhols tagebücher. renate schmidt. ich las auch immer viel geliehene bücher aus bibliotheken, heute noch.
das schöne am älterwerden ist ja – irgendwann ist einem nichts mehr peinlich. ich bin schon ziemlich nah an diesem stadium.
ok. ich fange mal an.
1. du steckst in der welt von fahrenheit 451, welches buch möchtest du sein?
meine antwort auf die hier wörtlich stehende variante der frage lautet überaus profan: ich möchte bitte gar kein buch sein, sondern lieber die vorstufe, vor der papierherstellung, noch vor dem sägewerk.
auf die fahrenheit-genau-genommene-variante, mit dem auswendig- lernen zum verinnerlichen die antwort: ich hasse auswendig lernen wie die pest. ich kann mir ausschließlich liedtexte merken, sonst nix. ich hasse es so sehr, klassische texte auswendig zu lernen, wie ich es liebe, sie zu sprechen. freiwillig lerne ich garantiert überhaupt nichts auswendig. und wenn, dann müsste es schon einen anderen zweck verfolgen, als mich erinnernd an formulierungen zu berauschen. ich denke mir in der allergrößten not lieber selber etwas aus. so hänge ich nun wahrlich an keinem buch der welt. schon eher an geschriebenem, das direkt an mich gerichtet war. vielleicht den einen oder anderen wohlgeratenen liebesbrief.
wenn ich unbedingt aber doch ein buch auswendig lernen muss, dann entscheide ich mich für das survival-lexikon von rüdiger nehberg (ehre, wem ehre gebührt).
2. warst du je in eine figur aus einem buch verknallt?
bestimmt. wie soll man sich an all die figuren erinnern. ich war viel- leicht irgendwie verknallt in die grüblerisch-leidenschaftliche figur ‚richard burton, der unvollendete schriftsteller’, wie er in der biographie von melvynn bragg erscheint. oder – achtung – jetzt wird’s richtig banal – in die männliche hauptfigur aus einer trivialen aber unterhaltsamen steinzeitsaga. ‚ayla‘ heißt die hauptdarstellerin des mittlerweile fünf oder ich weiß nicht wieviele teile umfassenden gleichnamigen werkes und ihr geliebter hieß jondalar. er war die mich erotisch-ästhetisch ansprechende variante vom märchenprinz. irgendso ein geiler zotteliger typ, hypersensibel und sehr körperbetont. gewissermaßen. ziemlich interessante stellen in dem buch… nicht verknallt aber fasziniert bin ich nach wie vor bei einem gewissen herrn mephistoteles. den finde ich ziemlich anziehend. verknallt ist wohl der falsche ausdruck.
3. welches buch hast du zuletzt gekauft?
gleichzeitig gekauft: das bereits erwähnte ‚im wolfspelz’ von wolfgang joop und den bildband ‚victor brauner, surrealist hieroglyphs’
4. welches buch hast du zuletzt gelesen?
(zuletzt heißt vor dem, das man gerade am wickel hat?)
auch schon erwähnt (wie gesagt, ich habs mit biographien) christine kaufmann: ‚christine kaufmann und ich‘, davor paul bowles – rastlos.
5. welches buch liest du gerade?
ich lese im moment etwas faul im erwähnten wolfspelz herum. vielleicht lese ich es aber auch nicht mehr zu ende, und hole mir neues futter. ich kokettiere mit diversen expeditionsberichten und einer abhandlung zur geschichte der raf. auch dutschkes tagebücher interessieren mich. oder endlich derek jarmans letzte aufzeichnungen.
6. welche fünf bücher nähmst du mit auf eine einsame Insel?
fällt mir sehr schwer, darauf zu antworten. ich glaube, ich würde am liebsten fünf bücher mit leeren seiten mitnehmen, die ich selbst fülle. ja. eigentlich am liebsten das. oder bereits geschriebenes und gut abgehangenes zur weiteren selbstanalyse. vielleicht auch für regentage ein bißchen wondratschek, den ich sehr liebe. oder zum noch mal lesen etwas dickes wie isabel allendes ‚paula’. über das sterben ihrer tochter. so einen dicken wehmütigen schinken (andere bücher von ihr, außer ihrem wirklich schönen sinnlichen aphrodite- kochbuch-bildband reizen mich dagegen gar nicht, solche romane sind absolut nicht mein ding. ich konnte auch mit marquez‘ hundert jahren einsamkeit nichts anfangen – genauso wenig wie mit notebooms bejubelter ‚folgenden geschichte‘ (der mir aber als mensch sympathisch ist) und noch viel weniger – ganz andere ecke – den thirty-something-trivialitäten der neueren deutschen pop-autoren oder wie das heißt oder was die da machen). dagegen schon eher lust auf paul auster oder herrn de winter. oder connie palmen, nah mit ihrem requiem i.m.
ich habe bei meinen letzten reisen festgestellt, dass ich nicht mehr zum lesen komme, und mir unterwegs auch nichts fehlt. erleben und hin und wieder schreiben war wichtiger als lesen. allerdings waren das auch keine reisen mit längerem strandaufenthalt oder derglei- chen. wenn schon buch, dann inhalt möglichst unbekannt. am liebsten erzählungen von wirklich erlebten reisen mit expeditions-charakter, archaischem bezug. das liebe ich sehr. mit lyrischem kann ich unterwegs nicht viel anfangen, da ist zuviel eigenes erleben. das ist dann eher für sehr spezielle momente, die eher zuhause stattfinden und dann zelebriert werden. da wird dann schon mal über rainer maria geflennt.
wenn vielleicht auch noch a.more.s lust hätte, mit diesen fragen ein wenig zu spielen, würde es mich besonders freuen. (auch fragebogen- hasser wie ich machen hin und wieder eine ausnahme, wie man sieht)
20. mai 2005
16. mai 2005

sonne. lesen
15. mai 2005
freitag im bazar, karneval der kulturen. ich mache ein paar hundert bilder und kann mich gar nicht recht entscheiden, mit welchen ich an- fangen soll. an einem stand steht ein kleines mädchen und spielt selbstvergessen mit bunten tüchern. ich sehe ihr eine weile zu, sie hat alles um sich herum vergessen. als ich nach ein paar minuten weiter- gehe, spielt sie immer noch.


14. mai 2005
röchelndes gackern beim lesen. sehr schön.
09. mai 2005
kinder fotografieren ist auch was schönes. ihn zum beispiel. wächst noch. berliner heidis, aufgepasst: seal junior kommt aus wilmersdorf.

08. mai 2005
08. mai 2005

heute in berlin (oder ‚wohin du gehst, da bist du dann‘)
ich war zwanzig, als ich nach berlin kam. anfang april 1986. bilderbuch- frühling. wir schwammen in der krummen lanke, liefen barfuß im bikini durch den wald, direkt von der wohnung quer über die straße, die argentinische allee, nach einem halbnackten frühstück auf der wiese im garten. ich lieh mir jacquelines fahrrad, bei der ich unterschlupf fand und holte uns frisches sonnenblumenbrot bei dem kleinen bäcker an der u-bahn-endhaltestelle. butterbrot. alles war so einfach. wie tanzen. wenn man tanzen einfach findet.
mein erster frühling in zehlendorf. kreuzberg weit weg. verrückte nächte in schöneberg, warmherzige paradiesvögel, nachtfalter. vogelgezwit- scher nach durchfeierten nächten in kleinen bars. die blaue stunde. sonnenaufgang. licht, flirrendes licht, sommer.
viele, die nach berlin kamen, bewegten sich in anderen ecken. ich hatte unverschämtes glück, nicht ausgerechnet am kottbusser tor mein anfängerglück suchen zu wollen. manchmal traf ich sie in der nacht, und sie staunten, dass es einen sandstrand geben sollte. an der havelchaussee. sie staunten bauklötze. und ich schüttelte den kopf. kalte bilder kannte ich nur aus dem fernsehen. ja glück. ich fühlte es. und lief heiter, in leichtfüßiger demut durch die breiten alleen. ich durfte hier sein. dankbarkeit. nichts anderes. wie sollte man so jemandem anders begegnen, als – freundlich und warm…
bernd begemann singt ‚berlin war stärker‘. sehr melancholisch singt er es, auf seinem weg zurück nach hamburg. man sollte nicht versuchen, mit der stadt zu kämpfen. wie könnte man nicht verlieren. man muß mit ihr spielen und all die kämpfe und krämpfe vergessen. dieses müssen und wollen. darauf hat niemand lust. verbissenheit ist so langweilig. demut ist etwas anderes. etwas ganz anderes.
vielleicht tragen manche, die scheitern, diese fixe idee in sich, dieses ‚if you can make it there, you make it everywhere‘. ‚los, gib mir, funk- tioniere, großkotziger moloch, zeig was du drauf hast‘. ich verstehe, dass er nein – pardon – sie darauf keine lust hat. berlin ist ein andro- gynes wesen, und zugleich sehr frau. sentimentale diva, die oft zuviel trinkt und einen kater hat. sie darf das.
wer soviel einstecken muß, darf sich auch sinnlos betrinken. dann muß man sie einfach eine weile in ruhe lassen. wer von ihr ein lächeln haben möchte, sollte ihr zwei oder drei aspirin bringen und vorsichtig über den schweren kopf streicheln. und sie wird lächeln. und wie.
07. mai 2005

sand. erde. irgendwo in berlin
05. mai 2005
01. mai 2005
merkwürdiger traumfetzen, fällt mir immer wieder ein. es ist schon ein paar nächte her. ein gläsernes fotostudio, viel schwarz. darin helmut newton, der fotografiert, stehend hinter einem stativ. er sieht jünger aus als zuletzt, hat sich die haare wachsen lassen und trägt sie zu einem pferdeschwanz gebunden. mehrfach mit einem schwarzen breiten lederband umwickelt. steht ihm sehr gut. er sieht sehr viel jünger aus, hat seltsame ähnlichkeit mit dem schauspieler keanu reeves, und doch ist es zweifellos helmut newton.
hinter der scheibe des studios steht seine frau june neben mir. june erklärt mir, dass er sich jetzt sehr wohl fühlt, so. er hätte einige dinge in seinem leben geändert, neuer anfang, deshalb auch die längeren haare. ich bin froh, dass es ihn wieder, weiter gibt. freue mich für ihn und june.
ich erlebte – tatsächlich, nicht im traum – helmut newton live. er hatte gerade seine autobiographie geschrieben und erzählte anlässlich der veröffentlichung aus seinem leben. 20. oktober 2002, ein sonntag- vormittag im renaissance-theater in charlottenburg. ich zog meinen langen schwarzen ledermantel an und überlegte einen langen augen- blick, ob ich meine drei bildbände, die ich von ihm habe, mitnehmen soll, um sie signieren zu lassen. ich tat es dann nicht, weil ich keine lust hatte, so bepackt herumzulaufen und wischte die idee beiseite.
es war ein sehr heiterer vormittag mit helmut und june. sie saß in der ersten reihe im publikum und gegen ende des gesprächs, in das das publikum mit einbezogen war – er war für alle fragen offen, sehr witzig und hintersinnig in seinen antworten – fotografierte june mit ihrer kleinen autofokuskamera ins pub- likum. vielleicht gibt es in ihrem archiv jetzt ein foto, auf dem ich bin. dann wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass helmut newton gerne zum signieren mitgebrachter bücher zur verfügung stände. ich hätte mich ohrfeigen können, in diesem moment.
aber es war auch so ein wunderbarer vormittag, erfüllt von seinem geist und witz und erinnerung. newton war ein mensch, dessen geist wellen verströmte, die ich verstand. ganz nebenbei gefiel er mir als mann. ich war nicht immer maßlos von allen fotografien beeindruckt, mochte aber die scharfen kontraste und die klare aussage. die eindeutigkeit. schwarz oder weiß. und rot. wenn ich heute in die newton-stiftung in berlin gehe, zieht es mich am meisten in den bereich, der ‚us and them‘ betitelt ist. er zeigt den privaten helmut newton. und das bild seines todes. junes kopf an seinem.
16. november 2004
ich muss mich zurückhalten. ich muss mich zurückhalten. nein ich schreibe jetzt nichts dazu, nein ich kommentiere das jetzt nicht. nein nein nein. finger weg von der tastatur. was für ein blödsinn. die leute haben keinen schimmer was sex-appeal ausmacht, es ist ein grauen. was für ein unfug. anzüge! meine fresse. unförmige gestalten pressen sich in anzüge und bilden sich ein, sie kriegen dadurch form oder klasse – nein, ich schreibe jetzt nichts. grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr. hmpf. grmpf

