„Sogenannte Schlafpläne, ein ausgeklügeltes Rotationsprinzip und fest vereinbarte Vetorechte sollen die konfliktträchtigen Mehrfachbeziehungen entschärfen. Dennoch, das räumen viele der in Felix Ihlefeldts Buch zu Wort kommenden „Polys“ ein, wird die andauernde Bearbeitung der Gefühle, der Zwang zur Dauerkommunikation als belastend empfunden, mündet nicht selten in den Terror der Intimität, der schließlich doch zu Heimlichkeiten führt und Fluchtreflexe auslöst. Es gehört zur Ironie solcher Avantgardismen, dass in ihnen längst überwunden geglaubte quasireligiöse Bewältigungsmuster wiederkehren, eine Art kollektiver pietistischer Seelenschau.“
Klingt dann ja doch etwas anstrengend. Von dem energetischen Wirrwarr im großen bunten Beziehungseintopf ganz zu schweigen. Ich glaube, dass es Menschen gibt, die gerne in ‚die Breite’ lieben und andere, die lieber in ‚die Tiefe’ lieben. Eine Frage der Lust und Freude an Konzentration und verbindender Intensität. Diese Spielart, die Liebessendung auf mehrere kleine Päckchen verteilt an verschiedene Adressen zu senden, entspricht astrologisch den Veranlagungen der Zeichen Zwillinge und Wassermann.
Jungfrau und Skorpion stehen im Quadrat zu einer oberflächlich-verspielten Handhabung dieses Bereiches. Wenn die Bereitschaft zur Hingabe eintritt, erwacht der Appetit, die Intensität auszuloten, die Energiespirale unverfälscht nach oben zu treiben. Das funktioniert, wenn es diesen positiven Erfahrungswert gibt, dass ungestreute Hingabe, absolute Konzentration, den Zugang zu einer reinen, (durchaus machtvollen), aufladenden Energie bietet, die auf dem Boden unerschütterten Vertrauens pulsiert. Ein starkes Ladegerät.
Insofern sind vertrauenswürdige, klare, transparente Verhältnisse auf beiden Seiten eine gute Voraussetzung für einen ungehinderten Elektrizitätsfluss. Ich wage zu bezweifeln, dass polyamouröse Konstellationen selbst bei maximaler propagierter Toleranz (denn diese müsste ja bei diesem hohen Anspruch an Nicht-Verheimlichung gegeben sein), frei von energetischen Störungen sind. Meiner Ansicht nach gibt es eine Ebene, eine unsichtbare aber dennoch vorhandene, sehr wohl spürbare Ebene, auf der sich verheimlichte Ressentiments und Eifersuchtsgefühle manifestieren und wirken. Auf das gesamte Beziehungsgeflecht einen Einfluss haben. Wie die Überlappung von zwei Radiofrequenzen. Man hört weder den einen, noch den anderen Sender unbeeinträchtigt. Der Genuss wird getrübt und die Wertschätzungsmöglichkeit jeder einzelnen Sendung gemindert. Man nimmt die Tonstörung wahr, hört weder das eine noch das andere Lied in seiner vollen Schönheit mit allen Frequenzen und allen lauten und leisen Tönen. Die filigrane Schönheit des einzelnen Stückes wird zertönt, gebrochen. Das große Konzert verkommt zu einem Klangbrei.
Natürlich ist meine Wahrnehmung skorpionisch. Für ein zwillings-dominiertes (Betonung auf dominiert, meint: auch in den Aspekten im Horoskop, die im Bezug auf Partnerschaft und Sexualität relevant sind) Bewusstsein ist die bunt gemischte Aufführung ein lustiges Spektakel mit ulkigen Tönen ohne tiefere Bedeutung. Skorpionische Hingabe ist Gottesdienst. Tief ernst. Und es darf muss sogar gelacht werden. Heiligstes Sakrament*.
*Unter einem Sakrament (von kirchenlateinisch sacramentum religiöses Geheimnis dies von spätlateinisch sacramentum Weihe [zum Kriegsdienst] von lateinisch sacer heilig unverletzlich; voraus liegt gr. mysterion ) wird in den christlichen Kirchen nach Augustinus ein sichtbares Zeichen verstanden das auf die unsichtbare Wirklichkeit Gottes hinweist sie vergegenwärtigt und an ihr Anteil gibt.

4 Antworten auf „Von wegen Polyamory

  1. Wir bleiben beim Thema? Das sind beides interessante Impulse, Frau gaga, und fast scheint mir, als würde Ihr Blog zu meinem Beichtstuhl. Das Beschreiten beider Wege – des taoistischen – und des polyamorischen, habe ich schon in Erwägung gezogen.
    Ersteres scheint mir auf meine konkrete Situation nicht anwendbar. Ich habe mich einmal recht neugieirg mit dem Tao der Liebe befasst und hatte mit dem Liebsten auch an manchen Techniken und Ideen Freude, aber das ist länger her.
    Die Polyamorie geistert mir aber schon länger durch den Kopf. Ich glaube, dass ich keine großen Probleme mit physischer Eifersucht habe, ich möchte bloß nicht belogen werden, möchte nicht, dass wer anderer, was weiß, was ich nicht weiß. In jungen Jahren war ich immer wieder die andere, das hat mich wohl geprägt.
    Auch die monogame Beziehung ist nicht „frei von energetischen Störungen. Meiner Ansicht nach gibt es eine Ebene, eine unsichtbare aber dennoch vorhandene, sehr wohl spürbare Ebene, auf der sich verheimlichte Ressentiments und Eifersuchtsgefühle manifestieren und wirken. Auf das gesamte Beziehungsgeflecht einen Einfluss haben.“ Ob sich die Radiofrequenzen überlappen, hängt oft einfach damit zusammen, wo wir uns befinden. Und manchmal ergibt es sich auf wunderbare Weise sogar, dass sich eben durch diese Überlappung eine neue Sendung ergibt.
    Nein, ich habe den Sendersuchlauf nicht eingestellt. Die Ehrlichkeit, die ich mir wünsche, versuche ich zu leben.
    Nur manchmal höre ich fremd, Freitags beim Erstgeborenen im familiären Rahmen…

  2. @ Dr. Faust: auch ich meinte serielle Monogamie und ich bin dem Liebsten seit bald zwei Jahzehnten sexuell treu. In diesem Zeitraum sind mir auch nur zwei Menschen begegnet, von denen ich mir vorstellen könnte mit ihnen auch Liebesbeziehungen zu leben, sie auch sexuell zu lieben. Das weiß der Liebste – und sie wissen es. Die Liebe braucht Sex nicht, sie braucht den Fokus und den liebevollen Blick. Ich mag das Bild, dass die Liebe wie Sand ist, der auf der ausgestreckten, ruhigen Hand liegen bleibt, dir aber zwischen den Fingern davon rinnt, wenn du die Hand schließt, ihn zu halten, oder verschüttet geht, wenn du zitterst, weil du nicht vertrauen kannst. So halte ich es mit meinen Lieben.
    Ich überlege gerade, wie das bei mir so ist mit dem Opfern. Ich glaube, ich mag es schon auch opfern nennen – die Treue jetzt und nicht die Monogamie – von wegen siehe oben, weil das wäre ja kein Opfer…Aber ich glaube ich opfere gerne – überhaupt – und am „Altar der Liebe“ im Sinn von mein Ego zurückstellen, im Sinn von etwas unter Verzicht gegebenes.
    @Frau gaga – ich mag ihren Fokus auf Menschen und Themen

    und Nick Cave.

  3. Verflixt, ich bin aus der Art geschlagen. Statt meinem zwillingsbetonten Horoskop gemäß die bunt gemischte Aufführung zu inszenieren, mache ich einen auf skorpionisch.

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