
Ich fand heraus, dass man sich auf dieses Stück Gras in deinem Hinterhof legen kann, den Himmel sehen, ein großes blaues Viereck, das diagonal Schwalben kreuzen.
Ich lag im Gras und atmete. Ganz tief. Hand auf meinem Bauch. Zehn Minuten, fünfzehn Minuten. 29. Juli 2009. Und fotografierte mich im schwachen Abendlicht. 21:00 Uhr. Und noch einmal später, aber das Bild warf ich weg. So aufgelöst im gnadenlosen Deckenlicht des Zimmers. Eigentlich gefiel es mir. Weil ich so transparent aussah mit meinen verheulten Augen. So berührt. Und berührbar. Aber niemand, den ich kenne, mag Bilder von verheulten Gesichtern. Ich habe ja keinen Giftschrank. Ich habe es weggeworfen. Vielleicht schade. Ich weiß nicht. Man zelebriert dann wieder das Melodramatische. Aber das Melodramatische ist ein Teil unseres Lebens und eigentlich ist es Zensur.
Ich habe einmal, als ich noch mit Hi 8 filmte, die Kamera laufen lassen, als ich anfing zu weinen. Ich habe das Band immer noch. Diese Sequenz hat mich sehr fasziniert. Es war nicht gestellt. Es war echt und ich habe einfach die Kamera nicht ausgemacht. Ich glaube, ich schaue mir das jetzt an. Lange her. Sieben Jahre bestimmt. Oder acht. Oder neun. Ich hatte eine ferne Liebe und schickte ihm diese Bänder, in denen ich mit ihm sprach und ihm Gedichte vorlas und ihm vorsang und lachte. Und weinte.
Mit Scham hatte das nicht zu tun, dass ich das Bild gelöscht habe. Es war nicht peinlich oder so. Irgendwie noch privater als jedes andere. Vielleicht deshalb… Ich heule ja oft und gerne. (Am liebsten natürlich aus Rührung). Da hätte ich viel zu tun, wenn ich mich auch noch jedesmal schämen müsste. Das ist mir viel zu anstrengend!
Und von wegen Zuversicht – doppelt hält besser ;-)