Painkillers. Painkillers. Das Wort fasziniert mich. Sehr kraftvoll. Sehr überzeugend. Ich stelle mir vor, ich hätte bei einer Angstattacke einen Painkiller zur Hand. Aber ich will so ein Zeug nicht haben. Frage mich dennoch, was ist der mögliche Schaden, wenn man sich, so wie ich, nüchtern dem Abgrund stellt. Man geht durch dunkle Zeiten aber hört nicht auf zu grübeln, zu meditieren, zu rotieren, wie man dem ein Ende bereiten könnte. Ohne Painkillers. Auf der Suche nach einem wirklich bereinigenden Ende. Neuem Anfang. Durch eine heilsame Entwicklung. Durch Katharsis. Durch Eskapismus. Durch Konfrontation. Durch Kompensation. Durch Kunst. Durch Schlaf. Durch Traum. Durch Transzendenz. Durch Bearbeitung. Durch Trauer. Durch Ekstase. Durch Körperfreuden. Durch Aktion. Durch Tanz. Farben. Durch Töne. Durch Bilder. Durch Musik. Dichtung. Durch Reisen. Durch Tapetenwechsel. Durch das Meer. Durch den Wind. Durch den Himmel. Durch das Gras. Aspiration. Inspiration. Die Sinne (=Sinn). Das fühlt sich gut an. Wahrscheinlich idiotisch, sich ein schmerzloses Dasein zu erhoffen. Durch die Schmerzerfahrung wächst die Dankbarkeit, wenn der Schmerz nachlässt. Tiefe Dankbarkeit. Ich weiß es sehr zu schätzen, angstfreie Zeiten zu haben. Nicht immer, aber immer wieder.
Vor einiger Zeit saß ich in einer Runde, in der überraschend das Gespräch auf Anti-Depressiva kam. Mir kippte innerlich die Kinnlade herunter, als ich zur Kenntnis nahm, auf welchem kenntnisreichen Niveau differenziert gefachsimpelt wurde. Wie selbstverständlich die Verständigung über den Austausch von Medikamenten-Bezeichnungen verlief. Ich konnte gar nicht mitreden und war sehr froh darüber. Da ich keine Erfahrung damit habe, die dunklen Zeiten medikamentös aufhellen zu lassen, kann ich nur mutmaßen, wie leicht oder schwierig es ist, an Anti-Depressiva oder Painkiller heranzukommen. Ich stelle mir vor, dass man zum Arzt geht und von seiner Entmutigung und depressiven Stimmung berichtet und der dann eine Überweisung zu einem Psychologen macht bzw. erst mal eine Kleinigkeit verschreibt bis der Patient wieder kommt und berichtet, ob das Mittel angeschlagen hat. Ich bin offenbar so einfach gestrickt, dass es meinen Horizont selbst in fortgeschrittenem Alter noch übersteigt, dass depressive Zustände ohne Ursache erfolgen. Aber soll wohl so sein. Bzw. wer will schon beurteilen, wieviel oder wenig Selbsterforschungsdrang bei dem Einzelnen vorhanden ist. Nicht jeder hat die Veranlagung der Idee zu folgen „der Weg ist, wo die Angst ist“. Das ist mein Weg. Ich bin eine manische Abgrund-Ursachenforscherin. Über jeden tiefsten Punkt könnte ich einen umfassenden Ursachenbericht abliefern. Völlig transparent. Jede Träne.
Painkillers. Irgendwie beschäftigt mich das. Auch der Gedanke, wieviel Hochleistung, nicht nur im Showbiz durch die Unterstützung von mothers little helpers abgeliefert wird. Diese überdimensional strahlenden, kraftvollen Performances, die wir staunend zur Kenntnis nehmen. Die ruhmreichsten Performer hatten die größten Drogenprobleme. Und die ehrgeizigsten. Wahrscheinlich lächeln die Kenner der Materie müde, wenn kolportiert wird, dass Frau Spears nur auf die Bühne geht, wenn sie vorher einen selbstkreierten Cocktail aus Appettitzüglern und Energydrinks intus hat. Die anderen Tabletten hat sie vermutlich schon zum Frühstück genommen. Eine grauenvolle Realität hinter dem Glitzervorhang, denke ich und trinke schwarzen Kaffee. Aber dennoch auch ein reizvoller Gedanke, das einmal auszuprobieren. Irgendetwas davon. Mit einer künstlichen, aber sich gut anfühlenden Heiterkeit aus dem Haus zu gehen. Eine Freude für die Umwelt. Keiner würde es merken. Nur man selbst, später dann. Wenn die Angst zurückkehrt.
Ich habe in jungen Jahren viel herumexperimentiert, aber es handelte sich dabei um bewusstseinserweiternde Drogen, die mich interessierten. Das war sehr spannend. Painkiller waren nicht dabei. Langsam dämmert mir, dass es eine ziemliche Widerstandskraft, Durchhaltevermögen zu zeigen scheint, wenn man ohne Psychopharmaka und Alkoholmissbrauch durchs Leben geht. Und andererseits – diese durchlittenen dunklen Zeiten. Dieser ausgelotete durchlebte Schmerz. Vielleicht hinterlassen zu lange dunkle Zeiten auf einer anderen Ebene ungute Spuren. Eine traurige Prägung. Ja. Daran arbeite ich. An dieser Prägung. Diesen Narben. Dauernd. Die inneren Narben lasern. Herz heilen.
Das würde ich allerdings sehr gerne ausprobieren.
Ein winziges Bisschen will ich dann doch relativieren: Es gibt Depressionen von einer lähmenden Tiefe, die jede Suche nach Ursachen unmöglich macht – denn die geht ja nur unter Mitwirkung des Erkrankten. Wer sich dann von Medikamenten zur Denk- und Fühlfähigkeit hochschubsen lässt, ist sicher nicht faul oder feig, sondern klug. Und kennt hinterher einige Namen von Psychopharmaka.
Ich bin davon überzeugt, dass es diese ‚traurige Prägung‘, die Du ansprachst, gibt, so wie auch eine Art „Schmerzgedächtnis“. – Vor Selbstversuchen mit Pilzen hätte ich viel zu viel Bedenken. Vorsicht!!!
P.S. Das Thema kommt immer wieder. Ich kann einfach nicht die Finger davon lassen!
P.P.S. Und Bloggen natürlich. Kompensation und Verarbeitung. Jetzt gerade.