„entsteht ein dauernder schaden, so sollst du geben leben um leben, auge um auge, zahn um zahn, hand um hand, fuß um fuß, brandmal um brandmal, beule um beule, wunde um wunde“
altes testament | exodus 21, 23 – 25
och joh. hat was. gleich mal in größerer schrift probieren:
entsteht ein dauernder schaden, so sollst du geben leben um leben, auge um auge, zahn um zahn, hand um hand, fuß um fuß, brandmal um brandmal, beule um beule, wunde um wunde
gefällt mir ja gleich noch viel besser

5 Antworten auf „30. mai 2006

  1. geschäftstüchtig, frau doktor. die klärung des copyrights würde ich dann allerdings in meiner unendlichen güte dir überlassen.

  2. ja. das prinzip des schadenersatzes. es gibt ja auch nicht zufällig die übersetzung „auge für auge“ „zahn für zahn“ etc. wenn man weiterliest, in dem betreffenden exodus-kapitel, wird das noch deutlicher. aber ich gebe zu, ich kokettiere auch mit der ‚fehlinterpretation‘, der vorstellung von genugtuung durch schmerzübertragung. die beliebte sichtweise aus opferwarte. der eigentliche text richtet sich ja eher an den ‚täter‘ in uns. die idee von einer gewissen ‚rache‘ gefällt mir dennoch. gebe ich einfach mal so ungeniert zu.

  3. mich interessiert bei der vorstellung der übertragung der verwundung nicht der aspekt, mich händereibend an dem leid des anderen zu ergötzen – dazu fehlt mir die sadistische veranlagung – sondern die möglichkeit der sensibilisierung des ‚täters’. der potenzielle erkenntnisprozess, das begreifens der härte, der tiefe und der schmerzhaftigkeit im bezug auf die tat. das aufbrechen der bewusstlosigkeit. durch das begreifen des zerstörerischen einer handlung ist reue möglich. die eigentliche genugtuung, der ausgleich bestünde für mich in dem bewusstsein der reue. und im zuge dessen idealerweise dem bitten um vergebung*. dadurch kann man letztlich dinge befrieden, wunden schließen und heilen. die einzige möglichkeit. ich weiß keine andere. wenn die erkenntnis des ‚verbrechens‘ ohne vergleichbares schmerzerleben des verursachers eintritt, umso besser. das wäre ein fall von naturgegebener empathie. wobei sich mir dann die frage stellt, wie es möglich sein sollte, dass ein empathiebegabtes wesen fähig sein sollte, andere kreaturen zu verletzen ohne unmittelbar reue zu empfinden und um vergebung zu bitten.

    *vergebung im sinne einer für den geschädigten unzweifelhaft erkennbaren, demonstrativen, deutlich hörbaren/sichtbaren/ ver- nehmbaren, durchaus mut erfordernden handlung, tendenziell von angesicht zu angesicht. ganz sicher nicht im sinne einer bequemen abbitte bei einer imaginierten höheren macht durch stumm gedachte reue im stillen gebet oder als bekenntnis gegenüber einem nicht betroffenen irdischen (geistlichen) stellvertreter (etwa kath. beichte – feiger kuhhandel nach meinem geschmack)

  4. weiter gedacht – das von mir da oben beschriebene klingt mir eigentlich ein bißchen zu grundgütig. um sich nicht selbst in die tasche zu lügen: es macht einen gewaltigen unterschied, ob der schaden durch jemanden verursacht wurden, dem man nahe steht – dann ist die bereitschaft zur vergebung ungleich größer als bei einer person, der man nicht verbunden ist. so gesehen gibt es durchaus blanke schadenfreude. und rache um der rache willen. wie hans blüher so schön formulierte: nur sehr seltene menschen sind in der lage, das ver- brecherische in sich zu erkennen.

  5. Ich würde nicht unbedingt „Kuhhandel“ zum Prinzip der Beichte sagen. Ein „Freikauf“ nach dem Ablaßsystem ist natürlich billig. Aber manchmal, wenn eine direkte Beichte und Entschuldigung demgegenüber, den man verletzt hat, nicht (mehr) möglich ist? Wenn sich endlose Zweifel und Verzweiflung auf diese Weise lösen lassen, spricht nichts gegen eine Geste der Absolution. Freiheit statt Knechtschaft durch ewige Reue, die keinem mehr nutzt. Statt 100 Ave Marias könnte man sich praktischere Bußen ausdenken, wie, dem Mensch, den man beleidigt hat, 100 Mal das Treppenhaus zu putzen. Das funktioniert aber nur bei den läßlichen Sünden.
    Große Sünden verlangen nach einem großen Vergeber.

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