ein bißchen faul. morgen vielleicht. schöne bilder vom wochenende in mecklenburg vorpommern. marlow, grüne weite hügel, ein flussbett, das in den alten lauf gebracht wird, meine geliebte freundin, die vor ein paar jahren berlin verließ und ihren geburtstag feierte. die nicht wusste, dass ich kommen würde und fast der schlag getroffen hätte, weil ich ohne vorwarnung von hinten durch den garten in ihr wohnzimmer spazierte. sie hatte keine ahnung. drei jahre haben wir uns nicht gesehen. und sie stotterte fassunglos „ich habe die letzten zwei tage dauernd an dich denken müssen“. feuchte augen. sehr.
ja, mensch… das war einer meiner besten einfälle in diesem jahr. ein wirklich runder geburtstag, in jeder hinsicht. das bild entstand vor zehn jahren, vier monate nach ihrem fünfzigsten geburtstag, damals hatte sie sich gerade ihre erste harley davidson gekauft.
als ich ilona vor sechzehn jahren kennenlernte, wurde mir klar, in welchem ausmaß das sichtbare, wahrnehmbare lebensalter vom kopf bestimmt wird. ich habe sie immer als sehr jung und lebhaft empfunden, und so ist sie geblieben. ein paar lachfalten mehr um die augen, na und.
ein lebensalter wie sechzig klingt in meinen ohren immer noch nach älterer dame – aber sie vertreibt mit ihrer gegenwart jeden mief aus dieser klischeevorstellung, die aber bei vielen menschen in dem alter dann ja doch stimmt – frauen wie meine freundin ilona (oder als bekanntes beispiel, hannelore elsner), die mit anfang sechzig noch sexappeal ohne chirurgisch-hormonelle unterstützung ausstrahlen, sind doch eher rar.
aber bestimmt haben sie schon das eine oder andere bild aus meck-pomm gesehen. mecklenburg-vorpommern erstreckt sich auf große teile der ostseeküste, fischland darß zum beispiel gehört dazu, das populäre zingst, die inseln usedom und rügen und weiter im süden die wunderbare mecklenburgische seenplatte, wo man herrliche kanutouren machen kann und sich wie in kanada fühlt. im müritz-nationalpark, von einem see zum anderen, kein motorboot darf dort (bis auf bedauernswerte ausnahmen an der hochfrequentierten müritz) auf den zahllosen seen, die durch schilfgesäumte flußläufe miteinander verbunden sind, fahren.
allerdings war ich am wochenende weder dort noch an der ostsee, sondern mitten im land, in einem touristisch eher unerschlossenen bereich, im südöstlichsten nordvorpommern. weite, kaum bebaute landschaft. zunächst unspektakulär – das besondere sind die ungetrübten horizonte, so weit über sanfte hügel zu laufen und kaum jemandem zu begegnen.
man lernt auch lustige redensarten dazu, wenn man sich in so eine region begibt. zum beispiel hörte ich: fällt beim essen ein messer runter, kommt scharfer besuch – fällt eine gabel runter, kommt spießiger besuch. ein lustiges völkchen.
die elsner hanni muß man ja nicht mögen (ich mag sie) aber, dass sie ein beispiel für eine sechzigjährige ohne altbackene großtantenaura ist, können sie schon gelten lassen, oder? frau sawatzki finde ich eher ein bißchen gekünstelt in ihrer darstellungsweise. ist aber schon ein unverwechselbares gesicht, gerade das merkwürdig ätherische mit leicht neurotischem einschlag kann einen schon dranbleiben lassen.
schickimicki ist da in nordvorpommern, marlow, genauer schulenberg, noch gar nicht eingezogen. das dorf, in dem ilona lebt, besteht aus einer einzigen straße. unschicke aber dafür unaffektierte leute in gummistiefeln ohne ende. eine nachbarin hat ihr zum geburtstag 40 eier von ihren hühnern geschenkt. solche geschenke finde ich einfach toll. zwischen wilden lupinenwiesen und fingerhut schnattern gänse und ein ziegenbock. aber mit arbeitsplätzen ist da nix. ilona schlägt sich als heilpraktikerin durch, baut ihr gemüse selber an und gibt turnstunden für die betagten damen der ‚volkssolidarität‘. ja, die gibt es tatsächlich noch…
der vogelpark ist mir auch nur vom hinweisschild bekannt. das ist wohl der einzige vermarktete touristische anziehungspunkt. einerseits muß die vielfalt spannend sein, aber andererseits die abneigung, die gefiederten wesen nicht unter freiem himmel zu sehen. über mir flog ein storch, als ich auf ilonas wiese lag und im herbst, wenn der mais reif ist, ist der himmel voller kraniche, die dann in den feldern landen. dann komme ich wieder.
an solchen orten sollte man sein mir hängt der asphalt zum hals heraus. ein blick ins vierte haus und dann ziehe ich aus. alle sieben jahre… endlich unter freiem himmel malen, keine u-bahn-haltestellen mehr zwischen leinwand und schlafzimmer, wildnis und sonnenbad. grillenzirpen, gras. sehnsucht.
dann lieber doch nicht ;-)
(ich will ja nicht weg aus berlin, nur in eine lauschige ecke für mein elfengemüt)
es ist ja nicht so, dass es hier nicht auch vogelgezwitscher geben würde. aber ich träume davon, barfuß aus dem haus zu gehen, und gras und erde zu spüren. (selbstverständlich mit eins-a-s-bahn-anbindung in die große böse stadt).
in berlin schon das bemerkenswerte hier ist das dichte s-bahn-netz bis in die pampa hinaus. ich will quasi eine grüne enklave, von mir aus ein häuschen mit durch hohe hecke oder berankte mauer von nachbarblicken und geräuschen abgeschottete kleine wildnis mit s-bahn-anbindung. es zieht mich vom bauch her richtung südwest. dahlem, nikolassee. ich hab mir ja noch gar nichts angeguckt. es wird spannend. für die zwei mieten, die ich jetzt für wohnung und atelier zahle, müsste es doch etwas geben. eigentlich…
die volkssolidarität ist überall! ich mag das wort gerne.